St. Afra Schelklingen - Friedhofskapelle mit hochgotischem Bilderzyklus

Ein besonderes Kleinod unserer Gemeinde stellt sicherlich die St. Afra-Kapelle dar. Ihre baugeschichtlichen Wurzeln reichen weit zurück bis ins 9. Jahrhundert n.Chr. In ihrem Inneren beherbergt sie einen kunsthistorischen Schatz: den einzigen hochgotischen Bilderzyklus in Schwaben, der noch so gut wie vollständig erhalten ist. Zu finden ist die Kapelle auf dem Friedhof in Schelklingen.

Die Geschichte der Kapelle

Die Entstehungsgeschichte von St. Afra geht zurück bis ins 9. Jahrhundert n.Chr. Dies wurde belegt, als 1971 bei Ausgrabungen Reste des Fundamentes einer kleinen Holzkirche gefunden wurden, das die Herren von Steußlingen um das Jahr 900 n.Chr. dort erbaut hatten. Einige Zeit war St. Afra wohl auch Pfarrkirche, bis Schelklingen 1234 als Stadt gegründet wurde, unter dem neuen Sitz derer von Steußlingen auf dem Schlossberg.

St. Afra wurde zur Friedhofskapelle außerhalb der Stadtmauern, in der Stadt selbst entstand die neue Pfarrkirche St. Maria (später St. Konrad), die Vorgängerkirche unserer heutigen Herz Jesu-Kirche.

Auch St. Afra wurde neu erbaut, in der Form, die bis heute erhalten ist, als massiver Steinbau mit Ziegeldach. Die Chorwände wurden um 1300 mit dem hochgotischen Bilderzyklus ausgestattet, der bis heute den besonderen Reiz von St. Afra ausmacht. Im Laufe der Zeit wurden sie wohl übermalt, dann 1881 aber wieder aufgedeckt und restauriert. Die letzte Restauration der Kapelle fand von 1971-1974 statt, in der Walter Hammer, ein Ulmer Restaurator, den Bilderzyklus wieder in den Zustand gebracht hat, in dem wir ihn heute bewundern können.

Zeitweise wurde die Kapelle übrigens von der evangelischen Kirchengemeinde als Gottesdienstrum genutzt. Heute finden dort nur noch unregelmäßig Gottesdienste statt, z.B. eine Roratemesse in der Adventszeit. 

Erste Eindrücke

Wer die Kapelle betritt, dem wird wohl zunächst die monumentale Christophorus-Darstellung ins Auge springen, die and der Südwand des Kirchenschiffs angebracht ist. Traditionell soll der Menschen, der Christophorus erblickt hat, an dem jeweiligen Tag gegen Ünglück geschützt sein.

Impressionen aus dem hochgotischen Bilderzyklus

Der Bilderzyklus in St. Afra ist nicht nur einer der am bestern erhaltenen in Schwaben, sondern wohl auch einer der merkwürdigsten, mit seiner parallelen Darstellung des Lebens Jesu, von Märtyrern, und Szenen aus Himmel und Hölle. Das ergibt sich beim näheren Hinsehen, doch zunächst noch ein Blick in die Kapelle.

Der Bilderzyklus beginnt auf der linken Seite mit der Darstellung der Geburt Jesu: Maria im Wochenbett, Josef, die heiligen drei Könige, Ochs und Esel. Unsicher ist, wessen Kopf rechts von diesem Bildteil über dem Fenster dargestellt ist.

Im Weiteren teilt sich der Zyklus in eine obere und eine untere Bildhälfte auf. Direkt im Anschluss ist oben die Ölbergszene zu sehen, ein schmerzgebeugter Christus im Gebet, die Nacht nach dem letzten Abendmahl. Im unteren Bildteil ist der Hl. Bischof Erasmus dargestellt, wie ihm von den Folterknechten mit einer Winde die Gedärme aus dem Leib gerissen werden.

Das letzte Bild auf der Nordseite stellt oben den zum Tode verurteilten Christus dar, der von zwei Knechten abgeführt wird, leider nur schwer zu erkennen. Im Hinergrund wäscht Pilatus seine Hände in Unschuld. Unten ist gut zu erkennen das Martyrium eines Bischofs, dem spitze Gegenstände in die Finger gestoßen werden. Vermutlich handelt es sich um den Hl. Erzbischof Petrus von Alexandrien, der 311 oder 312 sein Martyrium erlitt.

Das linke Bild an der Ostseite zeigt oben (von li. nach re.) 1. die Krönung Jesu mit der Dornenkrone; 2. eine Szene, in der dem zusammengebrochenen Jesus das Kreuz wieder aufgeladen wird; 3. wie Jesus seiner Kleider beraubt wird.

Unten ist 1. das Martyrium der heiligen Katharina von Alexandrien dargestellt, wie sie auf das Rad gespant wird, das aber durch die Hilfe Gottes zerbricht, sowie einen erschreckenden Richter mit einem Schwert in der Hand. 2. Die Gefangennahme des Bischofs Narcissus, der die heilige Afra bekehrt hat, sowie Afra selbst bei ihrem Martyrium auf einem brennenden Scheiterhaufen.

Das rechte Bild auf der Ostseite stellt folgende Szenen dar:

Oben (von li. nach re.): 1. Jesus am Kreuz, mit Maria Magdalena, einem römischen Knecht, Maria und Johannes. 2. Die Kreuzabnahme. 3. Christus im Grab, daneben vermutlich Nikodemus, Maria, Maria Magdalena und Johannes.

Unten: Der heilige Hippolyt wird, mit dem Kopf nach unten, von zwei wilden Pferden zerrissen.

Linkes Bild an der Südwand:

Oben: 1. Der auferstandene Christus steigt aus dem Grab, das Kreuz und eine Fahne in der Hand. Unter dem Grab zwei schlafende Wächter. 2. Ab diesem Bild wird - oben wie unten - das Schicksal aller Menschen im Hinblick auf die Ewigkeit dargestellt. Es stellt den Beginn der Menschheit mit Adam und Eva dar.

Unten: 1. Dem heiligen Bartholomäus wurde bei seinem Martyrium die Haut bei lebendigem Leibe abgezogen, die er nun auf seinem Arm trägt. 2. Petrus hält den Schlüssel des Himmels in seiner Hand.

Linker mittlerer Teil der Südwand:

Oben: Menschenköpfe in der Hölle, die Münder weit aufgesperrt, die Zähne zeigend. Zwischen ihnen - angekettet - der Satan, gehörnt, mit dem Rüssel eines Ebers und dem Unterkörper eines Bockes. Auf der rechten Seite vermutlich das Fegefeuer, ebenfalls mit den Köpfen vieler Menschen.

Unten: Christus wird mit einer Schaufel als Gärtner dargestellt, zu seinen Füßen kniend wahrscheinlich Maria Magdalena.

Das rechte mittlere Bild der Südseite:

Oben: Der auferstandene Christus erhöht zu Gott, als ewiger Hohepriester und Fürsprecher der Menschen. Er ist nach unten in Wolken gehüllt, umgeben von den Werkzeugen seines Leidens. An seinem Kreuz sind die Stricke zu erkennen, mit denen er gebunden war. Links neben Christus vermutlich die heilige Afra auf dem Scheiterhaufen. Ganz rechts die Schlange, die durch den Kreuzestod Jesu überwunden ist.

Unten: Die zwölf Apostel. Die Figur in ihrer Mitte wurde als Maria mit dem Jesuskind gedeutet, könnte aber auch Jesus selbst darstellen, der die Seele Mariens auf dem Arm hält, was wahrscheinlicher ist.

Auf dem rechten Bild der Südseite findet man eine Darstellung des "Seelenschiffes", behütet durch eine jugendliche Gestalt, die zum Himmel betet. Vermutlich soll sie die Religion bzw. die Kirche darstellen. Die Seelen im Boot blicken ängstlich hinaus auf das Meer. Nicht zu unrecht, legt doch der Satan selbst an den Schnabel des Schiffes seine Hände. Einige Insassen scheinen hinausgesprungen zu sein und gehen in den Fluten des Meeres unter.

Besichtungungsmöglichkeiten

Wer Lust hat, kann sich die Kapelle auch selbst einmal anschauen. Mit den eigenen Augen betrachtet, kommen die Bilder sicherlich am besten zur Geltung. Der Schlüssel ist im Pfarrbüro  oder im Hotel HGS³ (Heinrich-Günter-Str. 3)erhältlich. Die Öffnungszeiten vom Pfarrbüro sehen sie hier.

Die Öffnungszeiten vom HGS³-Hotel:

Mo. - Fr.: 7.00 Uhr - 12.00 Uhr & 16.00 Uhr - 22.00 Uhr
Samstag: 7.00 Uhr - 12.00 Uhr & 16.00 Uhr - 22.00 Uhr
Sonntag: 7.00 Uhr - 12.00 Uhr

Zur Homepage vom HGS³-Hotel

 

 

Fotos: D. Störk

Literatur zur Kapelle und ihrem Bilderzklus:

  • Schürle, Wolfgang (Hrsg.); Hörsch, Markus: Sankt Afra in Schelklingen: Die Wandmalereien, herausgegeben vom Landratsamt des Alb-Donau-Kreises 2004, ISBN: 978-3980872553, ein wirklich lesens- und sehenswertes Büchlein mit schönen Fotografien.
  • Einige Informationen zum Bilderzyklus finden sich in dem Heftchen "St. Afra-Kapelle in Schelklingen" von Dr. Wilhelm Lederer aus dem Jahr 1981, einsehbar im Pfarrbüro Schelklingen.